Andrea Behnke: Ich, du und wir. Kindergeschichten vom Miteinander

Ganz alltägliche Situationen im Kinderleben: Zwei Freundinnen streiten sich darüber, mit welchem Spielzeug sie spielen sollen, ein Mädchen darf nicht mitspielen, ein anderes will nicht ihre „doofe“ Winterjacke anziehen, obwohl es richtig kalt ist. Ein Gruppe von Jungs, die „Tiger“ jagen die Mädchen über den Spielplatz, aber die lassen sich das nicht länger gefallen und werden zu Indianerinnen. Ida ist traurig, weil ihr Patenkind plötzlich ohne sie zurechtkommt und Sven möchte sein Laufrad nicht auf dem Flohmarkt verkaufen, weil es ein Geschenk der Großeltern war, obwohl er schon viel zu groß dafür ist.

Alle diese Geschichten behandeln das Miteinander. Sie sind in zwei große Gruppen gegliedert: Geschichten vom Streiten und Vertragen und Geschichten vom Zusammenleben.

Jeder dieser Vorlesegeschichten für Kindergartenkinder wird von Impulsen begleitet: Fragen zum Textverständnis, Redeanlässe zu Geschichte (zum Beispiel: „Habt ihr euch auch schon mal gestritten?“ „Wie habt ihr euch dann gefühlt?“, „Hätte es noch eine andere Lösung gegeben?“). Es folgen Bastel- und Maltipps wie der Motzkasten, Freundschaftsbänder oder Streitbilder, und Anregungen zu Spielen oder kleinen Theaterstücken, Lieder und Gedichte.

Den Abschluss bilden Lesetipps.

Das Buch ist eigentlich für Erzieherinnen gedacht. Doch die meisten der geschilderten Konflikte betreffen über kurz oder lang auch die eigenen Kinder. Wer kennt es nicht, dass das Kind plötzlich herumbockt, weil es etwas nicht anziehen möchte, während Mutter oder Vater eigentlich dringend zur Arbeit müssten? (Wir haben unseren Sohn mal im Schlafanzug in den Kindergarten gebracht …) Viele Kinder erzählen irgendwann traurig, dass sie bei irgendwas nicht mitspielen durften. Und Streit unter Freunden oder Geschwistern ist ja leider an der Tagesordnung. Wenn Eltern ihren Kindern in solch einer Situation helfen wollen, können sie die passende Geschichte vorlesen. Es fällt dem Kind nämlich viel leichter, über die Handlungen der Kinder in der Geschichte nachzudenken, zu reden und zu urteilen, als über das, was ihnen selbst widerfahren ist. Sie hören, wie die fiktiven Kinder das Problem gelöst haben, was ihnen hilft, eine Lösung zu finden, die zu ihnen selbst passt. Beim Basteln, Malen, Spielen oder Theaterspielen können sie Lösungen ausprobieren, ihre Aggressionen, Ängste und Sorgen herauslassen und verarbeiten. Betroffene Kinder finden sich in den Helden der Geschichten wieder. Aber auch Kinder, die vom jeweiligen Konflikt nicht betroffen sind, hören sie gerne und können durch ihre Außensicht viel zum Lösen des Konfliktes beitragen – und sich vielleicht später daran erinnern, wenn sie selbst in eine ähnliche Situation geraten.

Ich, du und wir ist ein kluges und hilfreiches Buch, das kleine Kinder stark machen kann. Vor allem für Kindergärten ist es sehr geeignet, aber auch im häuslichen Bücherregal wird es sehr nützlich sein.

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Andrea Behnke, Susanne Bochem (Illustration): Ich, du und wir. Kindergeschichten vom Miteinander. Herder 2013, 80 Seiten, Euro 14,95, ISBN 978-3-451-32651-6.

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