Pia Herzog: Ihr mich auch

Hundert Prozent Widerstand – das ist Lu!

Lu hat keine Freunde. Obwohl, es gibt Rhys, den sie sich nur einbildet, der ihr aber in allen Lebenslagen zur Seite steht, ihr immer zuhört und ihr Ratschläge gibt. Er hat frühere eingebildete Freundinnen abgelöst. Lus Mutter, eine wegen Prüfungsangst ewige Studentin, hasst Rhys und zweifelt am Geisteszustand ihrer Tochter.

Da das Geld immer knapp ist, freut sich Lus Mutter über einen gut bezahlten neuen Job: Sie soll sich um Viola kümmern, die bei einem Autounfall, bei dem ihre Mutter starb, Arm und Auge verloren hat. Das stellt sich als große Herausforderung heraus. Als Lu Viola kennenlernt, kann sie sie vom ersten Moment an nicht leiden. Doch dann kommt Lus Vater auf die Idee, dass Lu in den Sommerferien mit in die Villa auf Mallorca kommt. Wie soll das funktionieren?

Zwei wütende Mädchen

Lu ist ein kompliziertes, störrisches Mädchen. Da sie und ihre Mutter kaum Geld haben, trägt sie seit vielen Jahren die Kleider ihres älteren Cousins auf, die sich sich selber ändert. Sie hat keine Freunde, wird in der Schule von drei Jungs, allen voran Christopher, gepiesackt. Ihre Aggressionen lässt sie im Boxtraining heraus, aber nicht einmal dort gelingt das immer. Ihre Haare hat sie pink gefärbt. Sie scheint zu hundert Prozent aus Protest und Abwehr zu bestehen. Ihre Mutter ist mit ihr völlig überfordert.

Viola hat vor ihrem Unfall ein Schweizer Internat besucht. Doch darüber, wie sie vor dem Unfall war, erfährt man wenig. Jetzt bleibt sie in ihrem Zimmer, behandelt alle, die ihr zu nahe kommen, überaus eklig, verweigert Essen und Gesellschaft und rastet manchmal völlig aus. Erst Lu schafft es erstaunlicherweise, ihre selbst aufgebaute Schutzmauer zu durchbrechen.

Sympathisch ist anfangs keins der Mädchen. Lu macht ständig Sachen, bei denen ich als erwachsene Leserin nur den Kopf schütteln konnte. Ich weiß, dass ich als Jugendliche ähnlich reagiert hätte, denn ich war ziemlich brav. Ob etwas verboten ist oder nicht, schert Lu nicht wirklich. Zumindest macht sie nach außen einen auf cool, auch wenn sie eigentlich ziemlich unsicher ist. Warum sie keine Freunde hat, wird nie erklärt. Natürlich, sie ist sehr ruppig und lässt nicht so schnell jemanden an sich heran, dennoch fand ich das ein bisschen merkwürdig. Viola sieht man ihr Verhalten eher nach, schließlich hat sie Schlimmes erlebt. Dass die Mädchen sich aneinander reiben, konnte man erwarten. Dass sie sich sogar anfreunden, ist letztlich schlüssig, aber dennoch hätte man es nicht unbedingt erwartet.

Aggressionen, Freundschaft, erste Liebe …

Die Freundschaft tut ihnen beiden sehr gut. Viola hilft sie, das Erlebte zu verarbeiten und mit ihrem Schicksal offen umzugehen. Lu erlebt zum ersten Mal, dass sie (wirklich existierenden) einer Gleichaltrigen vertrauen kann. Das gibt ihr viel Kraft für die Streitereien mit Christopher, den Umgang mit ihrer nervigen Mutter und die Entscheidung, wie es mit ihrer Freundschaft mit Rhys weitergehen soll.

Obwohl ich mit Lu so gar nicht identifizieren konnte, hat mich ihre Geschichte vom ersten Moment an gefesselt. Im Laufe des Buches habe ich sie sogar ins Herz geschlossen. Ich habe ihr so sehr gewünscht, dass sie ihr Leben endlich auf die Reihe bekommt, mit ihrer Wut fertig wird und sich in ihrer Haut wohl fühlt.

Die beiden sperrigen Mädchencharaktere sind glaubhaft geschildert und die Geschichte ihrer Annäherung, die teilweise sehr dramatisch wurde, ist fesselnd und berührend. Auch das Thema erste Liebe findet Platz in dem Buch. Aber keine Sorge, es geht hier um Lu, kitschig-romantische Szenen müssen nicht befürchtet werden, sondern die Erlebnisse passen gut zu ihr und ihrem Charakter.

Geschildert werden die Ereignisse aus Sicht von Lu, weshalb wir zum einen einen guten Einblick in ihre Innenwelt erhalten und ihre Gedanken und Gefühle intensiv miterleben, zum anderen die Schreibweise sehr direkt und etwas frech ist. Wütend wie Lu nun einmal ist, knallt sie den Lesern ihre Erlebnisse, Meinungen und Gefühle vor die Füße.  Auch schwierige Themen werden Lu-typisch angesprochen, zum Beispiel dass Viola auf ihre „Ersatzteile“ wartet. Das ist erstaunlich erfrischend zu lesen.

Fazit: Spannende und berührende Geschichte zweier sehr unterschiedlicher Mädchen, die dennoch Freundschaft schließen. Für Leserinnen und Leser von 12 bis 15 Jahren.

Pia Herzog: Ihr mich auch. Südpol 2019. 200 Seiten, Euro 14,90, ISBN 978-3-943086-93-5.

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