Ulla Hesseling: Das zweite Auge

Alte Geschichten

Als Fannys Familie vergangenen Sommer umzog, bekam Fanny von der vorbesitzerin des Hauses eine Kiste mit Büchern. Beim Lesen kam Fanny immer mehr bekannt vor. Schließlich stellte sich heraus, dass eine Freundin der Hausbesitzerin das Buch geschrieben hat, sie hatte die Erlebnisse ihrer Neffen notiert, die im Haus auf der anderen Straßenseite wohnen. Das Merkwürdige dabei: Einer der Jungen hatte gegenüber immer wieder ein fremdes Mädchen gesehen, doch zur fraglichen Zeit wohnte dort keins. Dieses Mädchen sieht genauso aus wie Fanny! Die spannenden Erlebnisse der Jungen und Fannys Leseerfahrungen wurden im ersten Band Der Mondsichel-Ohrring geschildert (zur Rezension).

Merkwürdige Verbindungen zwischen gestern und heute

Der folgende Band, Das zweite Auge, spielt in den Weihnachtsferien. Fanny ist krank, daher nimmt sie sich das zweite Buch aus der Kiste. Wieder werden zwei Geschichten parallel geschildert: Die Nachbarjungen Tobi, Felix und Matthis machen mit ihrer Freundin Johanna und Tante Flora Urlaub in den Bergen. Unterwegs machen sie in München an einem Museum Halt, weil die Tante, eine Journalistin, einen Artikel über eine Ausstellung schreiben muss. Am nächsten Tag, im österreichischen Ferienhaus angekommen, erfahren sie, dass aus diesem Museum ein wertvolles Bild gestohlen wurde. Bei ihrem Besuch ist ihnen einiges aufgefallen, das ihnen nun zu denken gibt. Und dann hängt auch bei der Ferienhaus-Vermieterin eine Kopie des Bildes … Die Kinder nehmen Ermittlungen auf und erleben ein spannendes Abenteuer.

Unterbrochen wird diese Schilderung durch Fannys Erlebnisse. Sie hat eine Reise nach München gewonnen, weil sie bei ein Rätsel gelöst hat, bei dem es genau um das gestohlene Bild geht. Ihre Erlebnisse scheinen intensiv mit den im Buch geschilderten Ereignissen verbunden zu sein. Fanny und ihre Freundin finden das mysteriös und versuchen, mehr herauszufinden.

Was hat die Vergangenheit im Buch mit Fannys Gegenwart zu tun?

Zwar ist das Abenteuer, das die drei Brüder zusammen mit ihrer Freundin Johanna erleben, schon an sich spannend, doch gewinnt es viel durch die zusätzliche Zeitebene. Immer wieder erleben die Leser mit, wie Fanny beim Lesen verblüfft über Übereinstimmungen und Zusammenhänge mit ihrem eigenen Leben ist. Und wieder taucht das Mädchen auf, das aussieht wie sie, doch an einem Ort, an dem Fanny noch nie war. Doch wird das am Ende des Buches immer noch so sein?
Fanny und Hannah stöbern auch die Autorin der Bücher auf, die ihnen manche interessante Erklärung geben kann, aber auch nicht weiß, wieso Felix (und nur Felix) immer wieder dieses Mädchen sah.

Glaubwürdig und spannend

Die Protagonisten sind glaubwürdig geschildert. Gut gefällt mir, dass Fanny darüber nachdenkt, wie anders die Geschichte wohl zu ihrer Zeit verlaufen wäre, wo alle ein Handy haben. Auch die spannende Handlung ist weitgehend glaubwürdig. Gut, dass die Erwachsenen die Kinder mehr alleine machen lassen als üblich, geschieht in Kinderbüchern häufig, um die Geschichte überhaupt möglich zu machen. Es war hier aber nicht übertrieben, sondern im Rahmen des Realistischen. Das Einzige, was nicht passte: Fanny soll wirklich und wahrhaftig die Buchkiste vom Sommer bis zu den Weihnachtsferien unberührt gelassen haben, wo sie die Lektüre doch so bewegt und mitgerissen hat? Natürlich muss das so sein, damit die Handlung im Winter spielen kann, aber so wenig Neugier passt nicht zu dem dargestellten Mädchen.

Das Buch ist interessant aufgebaut, das sorgt schnell dafür, dass die Geschichte fesselt. Manches ist vorhersehbar, anderes dagegen völlig unerwartet. Lustige Passagen lockern das Buch auf, sodass es eine rundum schöne Lektüre war. Eine gelungene Fortsetzung!

Fazit: Geschickt aufgebautes, spannendes Buch im Buch für Leserinnen und Leser von 9 bis 12 Jahren. Vier Kinder lösen einen spannenden Kriminalfall, zwei Leserinnen werden auf merkwürdige Weise in das Geschehen verwickelt.

Ulla Hesseling: Das zweite Auge. Tredition 2017. 300 Seiten, Euro 12,99, ISBN 978-3-7439-0670-9.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – bei Buch7 – im Onlineshop eurer Buchhandlung und in der Buchhandlung um die Ecke.

Ich danke der Autorin für das Rezensionsexemplar.